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Ein Blick hinter die Kulissen des Bahnbetriebswerkes in Augsburg

05.10.2022
Betrieb
Bw 1
Alles hat seinen Platz, damit zum Beispiel beim Schichtwechsel alles griffbereit liegt und keiner sich seine Werkzeuge zusammensuchen muss.

Wer sich in eine der drei großen Hallen im Bahnbetriebswerk in Augsburg begibt, kommt sich ziemlich klein vor. Da stehen sie, die imposanten Züge der BRB, fast so wie in einer Kfz-Werkstatt. Doch hier ist alles etwas größer, angefangen vom Schraubenschlüssel über die Hebebühne bis hin zur Waschanlage. Darin könnte man eine ganze Schulklasse duschen und die Anlage wäre immer noch nicht voll.

Im Bw – wieder mal eine der vielen Abkürzungen in der Eisenbahnwelt – also im Bahnbetriebswerk, herrscht kein hektisches, sondern konzentriertes Arbeiten. Und es ist erstaunlich sauber und aufgeräumt. Alles hat seinen Platz und der ist genau beschriftet, damit zum Schichtwechsel keiner Werkzeuge suchen muss.

Thomas Sulzberger
Thomas Sulzberger ist Chef im BRB-Betriebswerk in Augsburg.

Thomas Sulzberger ist Chef von rund 90 Mitarbeitenden, die im Bw arbeiten. Sowohl er als auch seine Mitarbeitenden müssen gut zu Fuß sein, denn die Hallen und das Gelände sind weitläufig und man ist viel unterwegs. Beim „Tag der Schiene“ am 16. September haben wir ihn auf einer der Touren, die für die Öffentlichkeit im Bw angeboten wurden, begleitet und gelauscht, was er erzählt hat und was er gefragt wurde.

Frage: Was sind denn so die täglichen Arbeiten, die ihr im Bw erledigt?

Thomas Sulzberger: Wir führen alle Fristarbeiten durch, zum Beispiel die Inspektionen, die entweder alle 45 Tage stattfinden oder nach Laufleistung anfallen und dann kilometerabhängig sind. Das ist ähnlich wie beim Pkw. Das ist unser planbares Tagesgeschäft. Dazu kommen noch jährliche Sonderfristen wie die Überprüfung des Zugbahnfunks. Damit stellt der Triebfahrzeugführer zum Beispiel die Verbindung zum Fahrdienstleiter her. Auch Bremsrevisionen sind im jährlichen Turnus durchzuführen. Sicherheit ist im Bahnverkehr oberstes Gebot.

Wir sind immer noch sehr männerdominiert, aber Frauen sind ebenfalls herzlich willkommen, keine Frage!
Thomas Sulzberger, Chef des BRB-Betriebswerkes Augsburg
Unterflurdrehbank
Die Unterflurdrehbank wurde auch schon von einem Filmteam fürs Fernsehen gefilmt.

Frage: Aber hin und wieder passiert es ja auch, dass ein Zug, der gerade unterwegs ist, liegen bleibt und repariert werden muss.

Thomas Sulzberger: Ja und solche Liegenbleiber, wie wir sie nennen, versucht man vor Ort wieder flott zu bekommen, damit sie selbstständig ins Bw fahren können oder man muss sie zu uns schleppen. Wir können fast alles selbst reparieren, nur die sogenannte schwere Instandhaltung, zum Beispiel der Tausch eines ganzen Fahrzeugkopfes oder das Schweißen eines Grundrahmens, machen wir nicht selbst. Was wir auch noch fremdvergeben, sind die Hauptuntersuchungen alle acht Jahre. Könnten wir auch bei uns durchführen, aber da reichen unsere Personalkapazitäten nicht aus. Ein Fahrzeug-TÜV dauert nämlich rund sechs Wochen.

Frage: Seit einiger Zeit können sogar die Radsätze selbst abgedreht werden. Die Unterflurdrehbank ist der ganze Stolz der BRB, stimmt´s?

Thomas Sulzberger: Ja, die erleichtert uns die Arbeit enorm und die Züge kommen schneller wieder in den Fahrbetrieb zurück, weil wir uns nicht bei Fremdfirmen wie der DB auf einer langen Liste hinten anstellen müssen. In Intervallen werden die Fahrzeuge eingeplant, dann müssen Unebenheiten abgedreht werden, manchmal auch schon zwischen den regelmäßigen Intervallen.

Die Unterflurdrehbank ist eine Besonderheit.

Bw Augsburg
Armin Nachtschatt, Leitung Technik, konnte beim Tag der Schiene viele Interessierte durch das Bw führen.

Frage: Im Bw in Augsburg wird immer wieder Personal gesucht. Welche Berufsbilder gibt es dort überhaupt?

Thomas Sulzberger: Das sind einige: Serviceelektriker, Servicemechaniker, Zerspanungsmechaniker, Materiallogistiker, Arbeitsvorbereiter, Qualitätssicherer, Flottensystembetreuer, Rangierdisponenten, Fahrzeugpfleger, Sachbearbeiter. Wir sind immer noch sehr männerdominiert, aber Frauen sind ebenfalls herzlich willkommen, keine Frage!

Frage: Gearbeitet wird im Schichtbetrieb? Wie viele Mitarbeitende sind es denn im Bw?

Thomas Sulzberger: Ja, wir arbeiten von Montag bis Freitag im Zwei- und Dreischichtbetrieb, je nachdem, ob man bei den Diesel- oder Elektrofahrzeugen eingeteilt ist. Da sind Menge und Aufwand unterschiedlich. Über 90 Mitarbeitende sind hier am Standort. Interessant ist vielleicht auch, dass wir derzeit fünf Auszubildende haben, die wir zusammen mit MAN in Augsburg ausbilden. Die Azubis besuchen die dortige Lehrwerkstatt in Ergänzung zur Ausbildung bei uns.

Bw Augsburg 2
In die Waschanlage im Bw passt ein ganzer Zug.

Frage: Ein Ärgernis sind aus Sicht des Fahrgastes immer wieder die Toiletten: schmutzig und defekt, das kennt leider jeder.

Thomas Sulzberger: Wir haben sogar einen Spezialisten, der sich ausschließlich um die Toiletten kümmert. Die Funktionalität ist aus technischer Sicht auch gar nicht das Problem, meist liegt es am Benutzer oder der Benutzerin. Man glaubt gar nicht, was man in einer verstopften Toilette alles finden kann außer Unmengen von Klopapier! Da zieht es schon mal Tennissocken oder ähnliches mit rein ins Rohr und dann stehen meine Mitarbeitenden da und müssen die „Sauerei“, anders kann man es nicht nennen, beheben. Vieles, was in den Abfallbehälter gehört, landet leider in der Toilette und man muss dann das WC zum Teil auseinanderbauen, um das wieder herauszuholen. Keine angenehme Aufgabe!

Frage: Mit dem Gartenschlauch kommt man bei der Fahrzeugaußenwäsche am Zug nicht weit. Die Waschanlage ist in einer extra Halle untergebracht. Ein Luxus?

Thomas Sulzberger: Nein, bei unserer „Fuhrparkgröße“ von 111 Fahrzeugen läuft sie ständig. Wir können die Tore schließen und so kann sie auch bei Außentemperaturen unter dem Gefrierpunkt laufen.

Bw Augsburg 3
Von oben sieht das Gelände fast wie eine Modelleisenbahnanlage aus.

Frage: Da sind wir schon beim nächsten Thema, der Sommerwartung der Klimaanlagen im Frühjahr und der Winterwartung der Heizung im Herbst. Zu warm, zu kalt – öfter mal ein Kritikpunkt?

Thomas Sulzberger: Es allen recht zu machen ist da ganz schwer. Und ehrlicherweise muss man auch sagen, dass die Technik besonders beim Kühlen langsam an ihre Grenzen kommt, weil sie nicht für die Extremwetterlagen, wie wir sie seit einigen Jahren im Sommer haben, ausgelegt ist. Diesen Sommer kam auch das 9-Euro-Ticket mit extrem vielen Fahrgästen hinzu. Beim Fahrgastwechsel an den Haltepunkten blieben die Türen länger auf als üblicherweise und die Klimaanlagen schalten sich ab, solange die Türen offenstehen. Was aus ökologischer Sicht vollkommen richtig ist, aber wenn extreme Hitze und lange Türöffnungszeiten zusammenkommen, heizt sich das Fahrzeuginnere stärker auf. Bei den Heizungen ist es ähnlich und jeder hat ein anderes Temperaturempfinden.

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